und es wurde noch viel Schlimmer …

 

Als ich am Samstag vor dem Münster Marathon von daheim los fuhr war ich noch voller Hoffnung. Den größten Druck hatte ich mir selbst genommen und an die gewünschte 3:45 nicht fest gehalten. Das Ziel war mich an den 4 Stunden Ballon zu heften und dann einfach mal zu schauen, wie es läuft. Daher bin ich auch völlig Stress frei gefahren, 2 Pausen eingelegt und wirklich entspannt im Hotel angekommen. Nach kurzem Blick auf den Stadtplan bin ich dann losgezogen um meine Startunterlagen abzuholen. Einmal quer durch die Stadt und dann zum Messeplatz. Startunterlagen abholen und ein wenig über die Marathonmesse schlendern. Ich hatte mich echt gefreut, weil Münster eine der wenigen Möglichkeiten ist, wo man auch alte Bekannte treffen kann. Daher freute ich mich um so mehr, dass ich Thomas treffen und mich auch lange mit ihm unterhalten konnte.

Nach dem Austausch aller Neuigkeiten, die sich so in den letzten Jahren angehäuft hatten, schlenderte ich durch die Stadt, und nach einigen Abstechern (essen, trinken, Kaffee, … ) erreichte ich wieder das Hotel. Dort angekommen richtete ich meine Laufutensilien zusammen damit der nächste Morgen ebenfalls entspannt ablaufen konnte. Abends noch ne Kleinigkeit essen und dann früh ins Bett.

Vielleicht sollte die Nacht schon ein Anzeichen sein auf das, was mich erwarten würde, ich konnte nicht schlafen. Ich war einfach wach, aufgedreht….

Am nächsten Morgen dann waschen, frühstücken und dann gemütlich in Richtung Startbereich. Kleiderbeutel abgeben, noch mal die Toilette aufsuchen und dann in den Startbereich gehen. Einige Startet kamen nicht, da die Hotels sehr ausgebucht waren, also war das Feld sehr überschaubar (für einen Marathon). Ich stellte mich erst mal etwas in die Sonne um die doch wärmenden Strahlen noch zu genießen und ging dann 15 Minuten vor Start in den Block. Der Puls war mit 74 etwas höher als der Ruhepuls, aber ich war dennoch sehr zufrieden, um nicht zu sagen entspannt. Kurz vor 9 Uhr kamen dann die Pacemaker, dann der allgemeine Tumult, wie schnell? Konstant? Was ist wenn…?… Ich lies mich nicht nervös machen und wartete auf den Startschuß.

Pünktlich um 9:00 Uhr ging es dann los. Bis unser Block vorne an der Startlinie angekommen war, vergingen noch einige Sekunden, aber alles war gut. Der erste KM war sehr langsam, das Feld musste sich auch erst mal etwas entzerren. Ab dem 2. KM ging es dann in unserem Renntempo ans Werk. KM 3 und 4 etwas Schneller, da wir ja durch den Startstau etwas in Verzug waren, aber alles noch schön im Ramen. So lief es dann vor sich hin. Ich fühlte mich wirklich super und konnte die Pace locker mit laufen. Den KM 20 erreichten wir bei 1:51 Std. und ich freute mich wirklich, hatte keine Probleme und malte mir schon den Zieleinlauf aus.

Doch dann… Magenprobleme. Erst verkrampfte sich alles, dann kam mir die Galle hoch. Kurzes verwunderndes Staunen… was ist jetzt los? Noch mal die 50 m zurück zum Verpflegungspunkt und kurz mit Wasser nachspülen. Im Kopf ging es etwas konfus zu und ich versuchte mich einfach wieder auf das Gute Gefühl von noch vor 2 Minuten zu konzentrieren und die Luftballons mit den Pacemakern nicht aus den Augen zu verlieren. Ich musste allerdings schnell feststellen, dass irgendetwas nicht passt und so versuchte ich erstmal das Tempo und die Luftballons im Blick zu behalten. Nach 2 weiteren KM musste ich mir eingestehen, dass ich die Pacemaker ziehen lassen muss und mein eigenes Rennen laufen sollte. Es ging erst mal weiter, nicht mehr mit einer 5:30 aber mit ner guten 5:50 – 6:00 Pace. alles im grünen Bereich dachte ich noch und versuchte den Kopf wieder frei zu bekommen. Bei KM 25 dann gleich den nächsten Verpflegungspunkt ansteuern und Flüssigkeit zu mir nehmen. Gesagt getan. Doch genau nach der Flüssigkeitsaufnahme kamen sofort wieder die Magenkrämpfe und ich lies mir die Sache durch den Kopf gehen. Wieder nur Galle.. also zurück und noch mal Wasser nehmen und den Mund aus spülen.

Jetzt war sogar mir klar, irgendetwas stimmte nicht. Meine Beine fühlten sich an, als würde sie jemand festhalten Die Oberschenkel schwer und die Waden fingen an zu krampfen. Ab KM 30 war an ein durchgängiges Laufen leider nicht mehr zu denken und so entschloss ich mich, ab und an „schnelle Gehfasen“ mit einfließen zu lassen. So erging es noch mehr Läufern und ich Schloß mich 2er Damen an, die Ihre Zeit (3:30) aus ähnlichen Gründen nicht mehr erreichen konnten und sich entschlossen hatten, das Beste daraus zu machen. Kleine Lauf und geh Abschnitte brachten uns so dem Ziel immer näher. Kurz vor KM 35 waren wir auf einer Zielzeit von 4:20, was immer noch OK für mich war. Aus dem Grund macht ich mich auch nicht verrückt und freute mich, die beiden Begleiterinnen zu haben. Es machte den Tag doch etwas angenehmer.

Dann kam er, der KM 36. Dass es nicht lief war mir klar, dass etwas nicht stimmte auch und dass die Wunschzeit weg war auch. Da die Probleme immer mehr zu nahmen lies ich die Damen ziehen und wollte mich auf mein Rennen konzentrieren. Doch was war das? Ich konnte meine Beine nicht mehr bewegen. Wie wenn ich in Beton laufen würde. Der erste Gedanke, ich halte kurz an und versuch mich mal zu dehnen. Vielleicht war das auch der Fehler, ich weiß es nicht, in jedem Fall hielt ich an. Was dann passierte waren die schlimmsten Schmerzen, dich ich jemals beim laufen hatte. Ich dachte wirklich, meine Muskeln in den Beinen würden auseinander reißen. Ich wußte nicht, dass es meinen Knöcheln möglich war, sich 90 Grad nach innen zu biegen, aber durch die enormen Krämpfe waren meine Beine fast zu einem O geformt. Diese Schmerzen waren unerträglich und dies merkte auch ein Läufer neben mir. Er half mir erst mal auf den Boden, denn nicht mal mehr das war möglich. Am Boden angekommen kamen noch 2 weitere Helfer (danke an dieser Stelle an die mir nicht Bekannten 🙂 ) und versuchten meine Beine zu strecken, damit die Schmerzen weniger werden, doch die Krämpfe waren so extrem, dass 2 Männer die Beine nicht auseinander ziehen konnten. Ein Arzt (die mit den Fahrrädern unterwegs waren) sah das und begann zu helfen. Magnesium und Salztabletten und Zitat: „Sie laufen auf Notprogramm, ich nehm sie aus dem Rennen“. ….

Das erste was mir in den Sinn kam, NIEMALS. Aufgeben ist nicht. Ich versuchte es dem Arzt klar zu machen, dass ich nicht aufhören würde. Selbst wenn ich gehe, schaff ich es noch ins Ziel, ich will es versuchen. Nach 7 Minuten auf dem Boden mit 2 Leuten die mir die Krämpfe aus den Beinen drückten und einem ungläubig schauenden Arzt, half mir einer beim Aufstehen und ich drehte mich in Laufrichtung, bedankte mich und ging los. Ich wollte nicht aufgeben.

Ob das richtig war? Ich glaube es wäre besser gewesen auf zu hören, aber ich konnte nicht. Ich dachte mir, es wäre für mein Ego schlimmer jetzt auf zu hören. So ging ich also erst mal sehr langsam weiter in Richtung Ziel. Wie weiter vorgehen. Von KM zu KM denken, so mein Plan, also ging ich erst mal, erst sehr langsam, dann normal, dann etwas zügiger. Kurze Trabfasen waren sogar möglich uns so kämpfte ich mich Meter für Meter in Richtung Ziel. Ich kann nicht sagen, dass die Schmerzen weniger wurden, im Gegenteil, es war ein großer Kampf für mich. Auch die Anfeuerungsrufe der Zuschauer, die ja durchaus motivierend sind, halfen da nicht viel weiter. Ich war froh, endlich die letzten Meter zu erreichen und das Ziel vor Augen zu haben. Im Ziel selbst war einwenig Freude da, da ich es ja trotzdem geschafft hatte, aber die Zeit war einfach unterirdisch. Daher überlegte ich mir auch Ernsthaft, die Medaille an zu nehmen. Froh es endlich hinter mich gebracht zu haben, setzte ich mich mit 3 Becher Cola und 1 Becher ISO-Getränk bewaffnet auf eine Bank und streckte die Beine aus. ENDLICH.
Doch es war noch lange nicht das Ende… Ich mußte meinen Kleiderbeutel holen, am besten noch Duschen und dann wieder zurück zum Hotel laufen. Die 15 Minuten hinweg (Hotel – Start) wurden durch knappen 45 Minuten von Ziel zu Hotel getoppt. Endlich dort angekommen legte ich mich aufs Bett und versuchte einfach nur ruhig zu liegen.

Es war das Schlimmste, was mir beim Laufen passiert ist. Da ich den genauen Grund nicht kenne ist das auch genau mein Problem. Mich würde schon interessieren, was hier falsch gelaufen ist. Nach einer guten Massage am Dienstag, einem Saunabesuch und einigen BlackRoll – Sitzungen kann ich auch nach gut 5 Tagen wieder normal laufen.
Auch so kann ein Marathon laufen … aber auf Grund der Schmerzen bin ich froh, dass es jetzt wieder soweit geht.

In diesem Sinne, bleibt sportlich