Der erste Wettkampf – Residenzlauf Würzburg

Der Tag rückte näher. Der erste Wettkampf stand vor der Tür. Die Vorbereitung war so, dass ich 10km laufen kann. Das war auch das Ziel, ankommen, wenn möglich nicht als letzter.

Sonntag morgen, 7:00 Uhr, hellwach. Auf die Uhr geschaut. Oje, um 14:oo Uhr ist es soweit. Frühstücken? Nein niemals, sind nur noch 7 Std. bis zum laufen, nicht den Bauch voll schlagen. Kaffee… ok, eine Tasse geht. ich hätte eh nichts runtergebracht. Die ersten beiden Fragen „Na, nervös?“ ignorierte ich gekonnt. Warum sollte ich auch nervös sein? Die Zeit bis 10:oo Uhr verging und der „Nervösitätszustand“ nahm zu, auch wenn ich es nicht war haben wollte. Die Startunterlagen müßen ja noch abgeholt werden, außeder, wer weiß wie lange der Bus heute braucht, Straßen sind ja gesperrt, etc… also sicherheitshalber gehen wir frühzeitig los. 10:22 fährt der Bus, also Umziehen, Tasche packen und los geht es. Meine Frau war immer mit dabei, das ist auch wirklich schön und beruhigt etwas. Im Bus, viele mit „Residenzlauf-Laufshirts“, alle wollen laufen. Ich wußte gar nicht, dass soooo viele Menschen laufen. Beruhigen tut mich das nicht, die schauen alle viel sportlicher aus als ich. 11:00 Uhr und wir sind am Residenzplatz. Einwenig geflashed von den vielen Leuten, aber auch in freudiger Erwartung. Wo kann man jetzt noch mal die Startunterlagen abholen. Einwenig durchfragen und dann doch zu dem großen Stand in der Mitte des Platzes gehen, der ja nicht übersehbar war! 🙂 Ein gutes Gefühl, wenn man auf die Frage, „Welchen Lauf läufst du?“ mit „natürlich den Hauptlauf“ antwortet. Unterlagen erhalten, gleich die Startnummer ans T-Shirt anheften. Fertig, Start kann kommen. Gleich aufwärmen, vorher noch kurzer Blick auf die Uhr. 11:20 Uhr. OK, noch 2,5 Std. bis zum Start, also ehr noch warten mit dem Aufwärmen. Die Idee meiner Frau, sich noch mal hinzusetzen und ggf. was zu essen und zu trinken fand ich prinzipiell gut. Also Hinsetzen, Wasser holen.. zuschaun wie alle um mich rum essen, perfekt 🙁 Das ständige auf die Uhr schaun, macht die Sache nicht besser. Ab und an kommen Bekannte vorbei. Die Sprüche „Ach du läufst auch, super, viel Spaß“ wirken irgendwann nicht mehr aufmundernt, sonder tun ihr bestes, meine Nervösität weiter nach oben zu treiben. Nach gefühlten 4 Std. ist es endlich soweit, es ist 12:00 Uhr…… grmpfl ….

Als es dann endlich 13:30 Uhr ist freu ich mich richtig, mich endlich einwenig warm zu laufen. Die vielen läufer  um mich rum beruhigen etwas. Jeder lächelt, das ist gut. Durch den Lautsprecher ertönt der erste Aufruf, in 15 min. geht es los, die Läufer des Hauptlaufs sollen zum Start. OK … jetzt ist es soweit. Hose und Jacke ausziehen, noch ein Aufbaukuss von der Frau abholen und ab in die Startaufstellung.

Wenn man dies das erste mal macht, ist man ja noch unerfahren und macht viel falsch. Sich in die ersten Reihen zu stellen war mir klar, aber dann zu sehen, welche „Zeitbereiche“ abgesteckt sind, macht mir ein ungutes Gefühl. ich will ca. 1Std und 5 Min laufen. Also wohin muß ich, … 40 min … weiter hinter.. 45, noch weiter…. 55,…60,… ok, fast ganz hinten… OJE, sind die wirklich alles soooo schnell. Die Nervösität steigt. Der Startschuß fällt und alle um mich rum klatschen und jubeln. Bis wir anfangen zu laufen, vergeht eine gefühlte Stunde. Ok, bei 4000 Teilnehmern auf den engen Straßen dauert es halt mal.

Endlich darf ich laufen. Es geht los. Nach 100m sehe ich meine Frau am Rand stehen. Sie feuert mich an. Super, das baut auf. Ich weiß es sind 4 Runden, also jede Runde mit ca. 17 Min. ansetzen, läuft schon. Ein Getränke/Verpflegungsstand ist auch da, super. Was soll da passieren. Ich laufe hinter 2 Frauen her. Das Tempo kann ich halten, locker, werde ja nicht langsamer als die beiden sein?! Der erste km wird am Rand angezeigt, läuft, kein Problem für mich, aber was ist das? Bergauf? Wie jetzt? Naja gut, einfach dran bleiben an den beiden. Warum werden die jetzt am Anstieg schneller? Alle werden schneller?! Oder werde ich langsamer ??? Mist, ich werde langsamer. OK, anziehen, die beiden Damen nicht aus den Augen lassen. Die Zuschauer am Rand der Strecke feuern an, manche mit ratschen, manche klatschen, super, man schwimmt mit. Da ist das Ziel, erste Runde geschafft, 17:40 min steht auf der Uhr beim überqueren, ist ok. Runde 2 läuft noch gut, bleibe schön an den beiden Frauen dran. Das mich in meiner 2ten Runde schon die ersten überrunden ignorier ich einfach mal, die werden schon sehen, wenn sie zusammen brechen. Nach der 2ten Runde stehen 34 min auf der Uhr. Die Beine werden schwer, aber nichts anmerken lassen. Die Zuschauer und die Frau treiben einen an, nicht aufgeben, .. Schmerz vergeht, der Stolz bleibt.
Endlich, die dritte Runde ist vorbei, leider sind die beiden Läuferinnen etwas weiter weg, aber sie lachen noch und unterhalten sich. Wie kann man sich bei dem Wahnsinnigen Tempo unterhalten. Die letzte Runde ist anstrengend. Mein Puls rast. Meine Beine sind schwer. Ich will einfach nur Heim aufs Sofa. Das letzte mal den Anstieg hoch. Das ist nicht mehr Laufen, das ist ja schon gehen. Egal, irgendwie da rauf. Los, kämpfen. Hügel runter, in Richtung Ziel. Die Leute schreien, feuern einen an. Susi steht am Rand und klatscht, ruft mir zu, das mobilisiert die letzten Reserven. Das ZIEL… 1:08:38 … OMG …
Ich überlege ob ich gleich hier im Zielbereich zusammenbrechen soll, mich einfach übergeben sollte, oder gleich sterben… der Sanitäter am Rand fragt mich ob alles klar ist. Nein nichts ist klar, ich habe gerade einen Weltrekord aufgestellt (zumindest gefühlt). Ich sage natürlich, „Klar, logisch, passt“. Die erste Flasche Wasser am Getränkestand verdunstet sofort. Ich nehm noch ne 2te mit und ein alkoholfreies Weißbier. Stehen geht nicht, ich setzt mich … aber wohin, egal, einfach mitten rein. Susi findet mich am Boden sitzen. Die Worte „Super gemacht, stark“ sind mir völlig egal, ich suche noch die richtige Art zu sterben. Nach 15 Minuten, 2 Flaschen Wasser und einem Alkoholfreien Weißbier geht es mir wieder einigermaßen gut und ich versuche aufzustehen. AUTSCH. Ich wußte nicht, dass Beine so weh tun können.
Das Duschen und Umziehen geht etwas langsamer als sonst, aber zumindest ist der Wunsch nach dem Tod nicht mehr da. Die Frage, ob wir noch hier sitzen und was essen wollen wird mit einem deutlichen „NEIN“ meinerseits beantwortet. Ich will nach Hause. Der Vorteil vom Bus ist ja, man muß keinen Parkplatzsuchen. Der Nachteil, man muß auf den Bus warten, kann also nicht Heim wann man will und muß bei einem solchen Event ggf. Stehen.
Endlich daheim angekommen lege ich mich aufs Sofa. Auf die Frage wie es mir geht, kann ich sogar schon wieder lächeln und antworte Stolz: „Müde aber gut“.

Nach jedem Wettkampf wühlt man in den Erinnerungen. Das Gefühl es geschafft zu haben, die Leute am Rand, die Teilnehmer, die Vorbereitung, all das gibt einem so viel wieder. Genau das ist der Grund, warum ich laufe. Ich wußte schon bei meinem ersten Wettkampf, dass ich NIE Profiläufer werde, aber ich wußte, dass es mir einen wahnsinnigen Spaß bereitet und mein leben bereichert. DAS ist der Grund, warum ich laufe.